Tipps der Woche

Kalenderwoche 23/2024

Acqua Alta

Von Isabelle Autissier

Der Begriff Acqua Alta beschreibt die immer wiederkehrenden Hochwässer im Herbst und Winter Venedigs. Äußere Einflüsse, wie Klimawandel, überhandnehmender Tourismus, Schädigungen der Lagune und deren Flora und Fauna durch Kreuzer, sowie das Absinken der Stadt verstärken die Probleme und Gefahren für Venedig immens.

Der vorliegende Roman spielt im Jahr 2021 und es gibt es zwei Hauptfiguren: Guido Malegatti und seine 17-jährige Tochter Léa. Guido stammt aus einfachen Verhältnissen, aber er ist mit der Tochter eines Dogen verheiratet. Seiner Frau ist Venedig und seine Traditionen sehr wichtig. Als Wirtschaftsrat hat Guido den Tourismus nie als Gefahr wahrgenommen, sondern als Grundlage üppige Einnahmen für die Stadt. Er ist überzeugt davon, dass ein für 6 Milliarden und dann noch Millionen für den Unterhalt verschlingende gebautes Sperrwerk (MOSE) mögliche Flutwellen aufhalten kann. Umweltschützer haben aber jahrelang davor gewarnt, dass dieses Sperrwerk unter Umständen die Gefahr für die Menschen in der Stadt noch steigern könnte, da ihnen Fluchtwege versperrt werden. Deswegen hat sich auch seine Tochter Léa schon lange mit ihrem Vater überworfen. Sie kritisiert oft die Entscheidungen ihres Vaters als Wirtschaftsrat von Venedig.

Und nun ist es geschehen: Venedig wird von einer riesigen Flutwelle verschlungen. Die Menschen, die nicht evakuiert werden konnten, leben nicht mehr. Die Stadt ist gespenstisch leer. (Zitat: Nicht ein einziges Bauwerk scheint der gigantischen Hand entkommen zu sein, die anscheinend alles gepackt, zerquetscht und wieder fallen gelassen hat, was der Stolz der Stadt war)

Guido ist einer der wenigen Überlebenden und sucht nun in den Ruinen mit dem Boot nach seiner Frau und seiner Tochter.

Es ist ein heftiger Vater-Tochter-Konflikt vor einer düsteren Untergangskulisse. Isabelle Autissier schildert nicht den Untergang der Welt – aber den Untergang einer Stadt und was man vielleicht an Stelle des MOSES-Projekt hätte besser oder noch zusätzlich hätte machen können, um die Gefahr einer drohende Acqua alta eindämmen oder abwenden zu können.

Tatsächlich gibt es das Projekt MOSE und dieses hat auch 6 Milliarden Euro gekostet. Doch Probleme haben das Einsetzen der Barriere um 7 Jahre (2021) verzögert. 2019 hat es ein sehr schlimmes Hochwasser in Venedig gegeben das vier Fünftel der Stadt unter Wasser gesetzt hat. Die Autorin hat also reales mit Fiktion gemischt und sich an sachliche Fakten gehalten.

Ich fand das Buch – obwohl teilweise sehr düster – doch sehr lesenswert.

Bettina Bartl

am 03. Juni 2024

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