Kalenderwoche 43/2024
Das späte Leben
Von Bernhard Schlink
In «Das späte Leben» stellt der deutsche Bestsellerautor Bernhard Schlink Fragen über Leben und Endlichkeit.
Der 76-jährige Martin, ein pensionierter Jurist, ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt und sein Arzt teilt ihm mit, dass er nur noch sechs Monate zu leben hat. Auf die Nachricht reagiert seine Frau, Mitte 40, gefasst. Sein sechsjähriger Sohn ahnt, dass etwas nicht stimmt. Er fragt seinen Vater immer wieder „Bist du „müdekrank“?“ und fragt ihn auch ohne Umschweife: „Wirst du sterben?“. Der Vater federt ab: «Alle Menschen sterben. Die Grossen sterben vor den Kleinen. Ich bin gross und sterbe, wenn du noch klein bist.»
Der Protagonist Martin möchte die verbleibende Zeit nutzen und lebt nach der Krebsdiagnose intensiver. Sämtliche Termine in seiner Agenda sagt er ab und Mails bleiben unbeantwortet. Wenn sein Sohn in der Schule ist, schläft er viel. Er ist aber von der Diagnose auch überfordert. Wie soll er dem Tod begegnen? Für Martin ist klar, dass seine Frau und sein Sohn die Möglichkeit haben sollen, von ihm Abschied nehmen zu können. Selbsttötung kommt für ihn nicht in Frage.
Er überlegt sich, was er seinem Sohn auf seinen weiteren Lebensweg mitgeben soll. Seine Frau hat die Idee, eine Videobotschaft zu filmen doch das spricht ihn nicht an. Er schreibt am PC einen Abschiedsbrief. Doch Martin wird bewusst, dass es jetzt viel wichtiger ist, dass er seinem Sohn David Zuwendung und Liebe schenkt. David soll spüren, dass er geliebt wird.
Martin möchte noch einmal das Meer sehen. Gemeinsam reisen sie alle drei an die Ostsee. Mit Blick aufs Meer und die untergehende Sonne endet das Buch.
Denise Meier
am 21. Oktober 2024