Eine unwahrscheinliche Begegnung

Von Eliette Aböcassis

Ein Mann und eine Frau im Zug – Ihr Blick kreuzt sich zufällig. Er ist völlig verzaubert von ihr, möchte so viel als möglich über sie aus ihren Gesten, ihrer Körperhaltung und ihren Gesichtszügen herausfinden. Er wartet auf ein Zeichen ihrerseits, damit er sie ansprechen konnte. Als sie ausstiegen, half er ihr galant, ihren Koffer auf den Bahnsteig zu hieven. Es hätte eine schöne Liebesgeschichte werden können…

In dieser gibt aber ein Problem. Der Mann ist seit Monaten aus einem Kriegsgebiet auf der Flucht, immer in Angst, von der Polizei aufgegriffen, festgenommen und in ein anderes Land «Zurückgeschoben» zu werden. Er hat nichts, reist ohne Gepäck und Papiere. Zwei uniformierte Polizisten warten bereits am Ende des Perrons auf ihn, da er beim Schwarzfahren erwischt wurde.

Sie ahnt sein Dilemma und beschliesst spontan, ihm zu helfen. Sie hackt sich bei ihm ein, ein Paar war weniger auffällig, es wurde ja nach einem allein reisenden Mann gesucht.

Eliette Abécassis lässt einem nun in der Folge in die Tiefen der Seelen, den Gedanken und Ängsten der Protagonisten blicken. Er gebildet, französisch sprechend kann nur schwer sein Leben als Flüchtling annehmen und sehnt sich nach der Stabilität seines alten Lebens und seinem Selbstbewusstsein – Sie, erfolgreiche Juristin und in einer lieblosen Beziehung festgefahren. Sie analysiert alles in ihrem Leben mit These, Antithese und Synthese.

Ein sehr weiches und poetische geschriebenes Buch mit einem «unerwarteten» und doch nicht mit einem «sooo» unwirklichen Ende.