Lieblingstochter

Von Sarah Jollien-Fardel

Jeanne wächst mit Ihrer Schwester Emma und ihren Eltern in einem kleinen Dorf im Wallis auf. Doch ihre Kindheit ist alles andere als behütet: Ihr Vater schlägt seine Familie regelmässig. Das ganze Dorf schaut zu und guckt auf ihren Vater herab, dennoch unternimmt keiner etwas. Wenn der Vater abends von der Arbeit nach Hause kommt, gehen die drei Frauen in eine Art „Lauerstellung“ in Deckung. Sie kennen seine Gesten in- und auswendig. Sie können seine Gewohnheiten und Launen deuten und wissen genau, was auf sie zukommt – nur nützt es nicht, sie können sich nicht wehren. Er vergewaltigt seine Frau, misshandelt die Mädchen und beschimpft sie.

Jeanne, unsere Ich-Erzählerin, hat Glück. Sie ist gut in der Schule und kann auf ein Internat wechseln. Emma und ihre Mutter haben weniger Glück, sie bleiben im Wallis und sind dem Vater weiterhin ausgeliefert.

Im Erwachsenenalter versucht Jeanne mit ihrem Trauma zurechtzukommen – was ihr nur mittelmässig gelingt. Immer wieder gibt es Situationen, die sie in ihre Vergangenheit versetzt. Zu viele Dämonen schlummern in ihr und später plagt sie die Frage, ob sie ihre Mutter und Schwester im Stich gelassen hat.
Ein trauriges, dramatisches und eindringliches Buch, aber trotzdem eine Leseempfehlung.