Kalenderwoche 29/2020
Tochter des Geldes: Mentona Moser – die reichste Revolutionärin Europas
Von Eveline Hasler
Man könnte meinen, dass der 1874 geborenen Tochter des schwerreichen Schweizer Uhrenfabrikanten Heinrich Moser ein ruhiges Leben im Geldadel in die Wiege gelegt wurde. Aber es war ein alles anders als ruhiges Leben.
Mentona wächst nach dem Tod ihres Vaters mit ihrer Schwester Fanny und der Mutter im Schloss auf der Halbinsel Au im Zürichsee auf. Die nun schwerreiche Wittwe hat aber Panik vor einer Verarmung und vernachlässigt ihre Töchter nicht nur emotional, sondern hält sie auch finanziell sehr kurz. Deshalb verlässt Mentona früh das Elternhaus und geht nach London, weil sie Zoologie studieren wollte.(Damals wurden in dem Studienlehrgang an der Uni Zürich noch keine Frauen zugelassen) Sie macht dann aber eine Ausbildung zur Sozialhelferin und arbeitet mit Kindern in Arbeiter-Elendsquartieren. Als sie 1903 nach Zürich zurückgekehrt heiratet sie den Sozialisten Hermann Balsiger und hat mit ihm zwei Kinder. Er verlässt sie, und Mentona, noch immer ohne Geldzuwendung aus ihrem Erbe, versorgt ihre Familie und den chronisch kranken Sohn allein als Sozialarbeiterin und engagiert sich darüber hinaus für die Frauenrechte und gründet die erste Sozialarbeiterschule der Schweiz. Von den Sozialdemokraten enttäuscht, wendet sie sich der kommunistischen Partei und ihren Idealen einer gerechteren Gesellschaft zu. Als sie endlich über den Erb-Pflichtteil verfügen kann, geht Mentona zielstrebig ans Werk: In Berlin finanziert sie die KP-Parteihochschule mit, in Moskau gründet sie ein hochmodernes Kinderheim. Doch Stalins Allmacht und seine Paranoia gegenüber den eigenen Parteigenossen und den idealistischen Helfern aus dem Ausland werfen ihre Schatten voraus …
Ein sehr emotionales und spannendes Buch über eine aussergewöhnliche Schweizer Persönlichkeit die leider fast vergessen wurde.
Ich empfehle dieses Buch allen, die gerne historische und biographische Bücher lesen.
admin
am 19. Juli 2020